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Allgemeinverfügung
des Landratsamtes Ortenaukreis über Maßnahmen zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera virgifera Le Conte) in den Gemarkungen der Städte und Gemeinden Rheinau, Achern, Sasbach, Renchen, Appenweier, Kehl, Willstätt, Offenburg, Schutterwald, Ortenberg, Ohlsbach, Gengenbach, Neuried, Schwanau, Meißenheim, Hohberg, Berghaupten, Friesenheim, Lahr, Seelbach, Schuttertal, Biberach, Zell a. H., Fischerbach, Kappel-Grafenhausen, Rust, Kippenheim, Mahlberg, Ettenheim und Ringsheim, auf dem rechtsrheinischen gemeindefreien Gebiet der Gemeinde Rhinau und auf den Flächen der Exklave des Ortenaukreises im Landkreis Rastatt der Gemeinde Lauf.
vom 01. August 2022 Az.: 8242.65
I.
Um den Maiswurzelbohrer zu bekämpfen, ordnet das Landratsamt Ortenaukreis auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 3 des Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG) vom 06.02.2012, (BGBl. I S. 148, 1281) Folgendes an:
Die Allgemeinverfügung vom 02.07.2019 für den Anbauzeitraum 2018 bis 2022 wird unbefristet verlängert.
Auf Maisanbauflächen ist damit weiterhin eine Fruchtfolge von höchstens zweimal Maisanbau in drei Jahren (zwei Drittel) einzuhalten. Die bereits erfolgte Fruchtfolge 2018-2022 ist zu berücksichtigen; Anbauende mit Maisanbau in den Jahren 2021 und 2022 in Folge haben mit dem Maisanbau im Jahr 2023 auszusetzen.
Diese Regelung gilt nicht für den Anbau in Folge von Saatmais.
II.
Diese Allgemeinverfügung gilt in den Gemarkungen der Städte und Gemeinden Rheinau, Achern, Sasbach, Renchen, Appenweier, Kehl, Willstätt, Offenburg, Schutterwald, Ortenberg, Ohlsbach, Gengenbach, Neuried, Schwanau, Meißenheim, Hohberg, Berghaupten, Friesenheim, Lahr, Seelbach, Schuttertal, Biberach, Zell a. H., Fischerbach, Kappel-Grafenhausen, Rust, Kippenheim, Mahlberg, Ettenheim und Ringsheim, auf dem rechtsrheinischen gemeindefreien Gebiet der Gemeinde Rhinau und auf den Flächen der Exklave des Ortenaukreises im Landkreis Rastatt der Gemeinde Lauf.
III.
Die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.03.1991, BGBl. I S. 686 wird angeordnet.
IV.
Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag der Bekanntmachung als bekannt gegeben.
V.
Die Allgemeinverfügung einschließlich ihrer Begründung kann beim Landratsamt Ortenaukreis eingesehen werden.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Landratsamt Ortenaukreis erhoben werden.
Offenburg, den 01.08.2022
gez. Zürcher,
Amtsleiter – Amt für Landwirtschaft
Begründung
I.
Sachverhalt
Die Fangzahlen der mittels Pheromonfallen gefangenen Käfer des Maiswurzelbohrers zeigen immer noch einen deutlichen Anstieg der Käferzahlen in den oben genannten Gemarkungen Durch die Fruchtfolgeregelung der letzten Allgemeinverfügung konnte bisher verhindert werden, dass sich die, inzwischen etablierte, Maiswurzelbohrerpopulation weiter exponentiell ausbreitet. Eine Überschreitung der Schadschwelle konnte vermieden werden. In dem kleinstrukturierten Gebiet können Maiswurzelbohrer, die einen Teil ihrer Eier in Nachbarflächen legen, den Fruchtwechsel zwar überleben. Der Anstieg ist jedoch nicht so stark wie der Maisanbau in Monokultur ohne Fruchtwechsel.
Ohne die vorgeschriebene Fruchtfolgeregelung für die gesamte Gemarkung, wird der Maisanbau in der Region gefährdet. Zusätzlich kann so die starke Vermehrung des Käfers und die Ausbreitung in noch befallsfreie Gebiete reduziert werden.
Hintergrund:
Am 19. Dezember 2013 wurde beschlossen, den Quarantänestatus des Schädlings auf EU-Ebene aufzuheben. Dieser Beschluss wurde auf EU-Ebene (Durchführungsrichtlinie 2014/19/EU vom 6. Februar 2014 und dem Durchführungsbeschluss 2014/62/EU vom 6. Februar 2014) sowie im deutschen Recht (Verordnung zur Aufhebung der Verordnung zur Bekämpfung des Westlichen Maiswurzelbohrers und zur Änderung der Pflanzenbeschauverordnung vom 21. Juli 2014, BGBl. I, S. 1204) umgesetzt. Damit ist seit dem Jahr 2014 die Einhaltung einer Fruchtfolge gesetzlich nicht mehr vorgeschrieben.
Nach der Aufhebung des Quarantänestatus hat die EU mit der Empfehlung (2014/63/EU) vom 6. Februar 2014 jedoch die Mitgliedstaaten zu einer wirksamen und nachhaltigen Bekämpfung aufgefordert. Unter den vorhandenen Bekämpfungsmaßnahmen solle der Fruchtfolge angesichts ihrer hohen Wirksamkeit bei der Bekämpfung und ihrer ökologischen und längerfristig agronomischen Vorteile der Vorzug gegeben werden. Die Bekämpfungsmaßnahmen sollten durch eine Überwachung des Schädlings ergänzt werden.
Zur Entscheidungsfindung für Bekämpfungsmaßnahmen wird die Festlegung wissenschaftlich fundierter regionaler Schwellenwerte empfohlen. Diese Festlegung ist in einem Gebiet, in dem sich der Maiswurzelbohrer erstmalig stark vermehrt und das Auftreten von Schäden im Vorfeld verhindert werden soll, nicht möglich. Wird abgewartet, bis erste Schäden entstehen, lässt sich die Population nur noch sehr schwer zurückdrängen. Die derzeit geltende Schadschwelle liegt bei ca. einem Käfer je Pflanze. Wie in der Studie des Julius-Kühn-Instituts (Krügener et al. 2011) modellhaft berechnet wird, sind ökonomische Schäden durch Larvenfraß schon nach vier Jahren Maisanbau bei 100 % Mais oder nach sieben Jahren bei einem Fruchtfolgenanteil von 75 % Mais zu erwarten. Bei einem Maisanbau von zwei Drittel Mais in der Fruchtfolge ist kein erhöhter Anstieg der Population zu erwarten.
II.
Rechtliche Würdigung
Das Landratsamt Ortenaukreis ist als untere Landwirtschaftsbehörde gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 7 S. 1, Abs. 4 und § 29 Abs. 8 Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz vom 14. März 1972 in der Fassung vom 21.12.2021 i.V.m. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3 lit. a LVG B.-W. sachlich und gemäß § 3 LVwVfG B.-W. örtlich für die getroffene pflanzenschutzrechtliche Entscheidung zuständig.
Die vorstehend angeordneten Maßnahmen gründen sich auf § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG (Gute fachliche Praxis und integrierter Pflanzenschutz).
1. Zeitlicher Geltungsbereich
Die Allgemeinverfügung vom 02.07.2019 für den Anbauzeitraum 2018 bis 2022 wird unbefristet verlängert.
Auf Maisanbauflächen ist damit weiterhin eine Fruchtfolge von höchstens zweimal Maisanbau in drei aufeinanderfolgenden Jahren (zwei Drittel) einzuhalten. Diese Anordnung gilt somit ohne Unterbrechung über den Fruchtfolgezeitraum 2018 bis 2022 hinaus weiterhin auch ab 2023 und den Folgejahren und hat die erfolgte Fruchtfolge 2018 bis 2022 zu berücksichtigen. Anbauende mit Maisanbau in den letzten zwei Jahren in Folge haben mit dem Maisanbau im Jahr 2023 auszusetzen. Diese Regelung gilt nicht für den Saatmais bei Anbau in Folge.
Der deutliche Anstieg der Fangzahlen in den letzten Jahren erfordert es, Maßnahmen zur Einhaltung der guten fachlichen Praxis nach § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG zu verlängern, um im Vorfeld das zu erwartende Überschreiten der Schadschwelle weiterhin zu verhindern. Die gute fachliche Praxis umfasst insbesondere die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes (Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG). Hierzu gehört die Einhaltung von Fruchtfolgen (S. 16, Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz, Bundesanzeiger Nr. 76 a vom 21. Mai 2010).
Durch das Einhalten einer Fruchtfolge von höchstens zweimaligem Maisanbau in drei Jahren wird die unvermindert zu befürchtende Vermehrung des Maiswurzelbohrers wirksam reduziert. Wird keine Fruchtfolge eingehalten, wird es zu einer stärkeren Vermehrung des Maiswurzelbohrers und zu wirtschaftlichen Schäden kommen. Die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel ist gesetzlich nicht zugelassen. Die Einhaltung der Fruchtfolge zur Abwehr von Schädlingen ist eine vorrangige Maßnahme des Integrierten Pflanzenschutzes und des Nationalen Aktionsplanes zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln der Bundesregierung vom 10. April 2013. Die Verlängerung der Allgemeinverfügung ist damit erforderlich.
Die Allgemeinverfügung wird so frühzeitig erlassen, dass die Anbauplanung für das Jahr 2023 möglich ist. Die Notwendigkeit der Regelung wird regelmäßig durch die zuständigen Behörden überprüft.
2. Örtlicher Geltungsbereich
Diese Allgemeinverfügung gilt in den Gemarkungen der Städte und Gemeinden Rheinau, Achern, Sasbach, Renchen, Appenweier, Kehl, Willstätt, Offenburg, Schutterwald, Ortenberg, Ohlsbach, Gengenbach, Neuried, Schwanau, Meißenheim, Hohberg, Berghaupten, Friesenheim, Lahr, Seelbach, Schuttertal, Biberach, Zell a. H., Fischerbach, Kappel-Grafenhausen, Rust, Kippenheim, Mahlberg, Ettenheim und Ringsheim, auf dem rechtsrheinischen gemeindefreien Gebiet der Gemeinde Rhinau und auf den Flächen der Exklave des Ortenaukreises im Landkreis Rastatt der Gemeinde Lauf.
In den vorstehend genannten Gemarkungen wurden steigende Fangzahlen, der mittels Pheromonfallen gefangenen Käfer des Maiswurzelbohrers, festgestellt.
3. Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die Anordnung zur sofortigen Vollziehung ist vorliegend geboten und beruht auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach dieser Bestimmung entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, besonders angeordnet wird.
Es besteht ein öffentliches Interesse, die weitere Verbreitung des Maiswurzelbohrers zu unterbinden und so den Maisanbau zu schützen und die Produktionskapazität zu erhalten. Ein wirksamer Schutz des Maisanbaus ist nur zu gewährleisten, wenn bereits während der Rechtsbehelfsfrist die Fruchtfolge eingehalten wird. In den betroffenen Gebieten haben die Landratsämter sowohl durch Öffentlichkeitsarbeit als auch im Rahmen der Beratung landwirtschaftlicher Betriebe mehrfach und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers eine Fruchtfolge von maximal zwei Drittel Mais einzuhalten ist. Bei Nichteinhaltung dieser Fruchtfolge liegt ein Verstoß gegen die gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz vor, zu deren Einhaltung alle Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen bereits von Gesetzes wegen verpflichtet sind.
Fortgesetzte Verstöße gegen die Einhaltung der Fruchtfolge würden mit einer weiteren Ausbreitung des Maiswurzelbohrers und sehr wahrscheinlich mit erheblichen Schäden in größeren Gebieten einhergehen. Der Schädling ließe sich dann ggf. lediglich über eine Notfallzulassung langfristig durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zurückdrängen. Die Einhaltung der Fruchtfolge ist insoweit das mildere, für Mensch und Umwelt weniger belastende Mittel und hat einen sehr hohen Wirkungsgrad.
Das Interesse an der Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs muss hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen, da eine wirksame und umweltschonende Bekämpfung des Maiswurzelbohrers auf andere Weise nicht möglich ist.
Hinweise
Ordnungswidrig im Sinne des § 68 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 PflSchG zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000,- € geahndet werden.
Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen sind zu finden in:
- Empfehlung der Kommission vom 6. Februar 2014 über Maßnahme zur Bekämpfung von Diabrotica virgifera virgifera le Conte in Gebieten der Union, in denen er nachgewiesen wurde (2014/63/EU)
- Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz – PflSchG) vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148, 1281)
- Grundsätze für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz, Bundesanzeiger Nr. 76 a vom 21. Mai 2010
Zitierte Studie:
Krügener/Baufeld/Unger, Modellierung der Populationsdynamik des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera virgifera) – Betrachtung verschiedener Eingrenzungsoptionen, Journal für Kulturpflanzen 63 (3), S. 69 bis 76, 2011.